Wir alle nehmen täglich zahlreiche unterschiedliche Gerüche war. Doch wie viele davon können wir eigentlich in Worte fassen? Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Geruchssinn und wie wir die Sinneseindrücke, die wir über die Nase aufnehmen, sprachlich realisieren oder eben nicht realisieren können.

Gerüche beschreiben – gar nicht so einfach!

Forschungsergebnissen zufolge können wir Menschen mindestens 10.000 verschiedene Gerüche auseinanderhalten, auch wenn sie sich nur in den kleinsten Bestandteilen unterscheiden. Die Forschung geht sogar teilweise davon aus, dass wir bis zu eine Billion verschiedener Gerüche unterscheiden können. Wenn es allerdings darum geht, diese Gerüche einzeln zu beschreiben, dann fehlen uns oft die passenden Worte. Schon für Geschmäcker gibt es mit fünf Wörtern für die fünf Geschmacksrichtungen kein großes Vokabular, für Gerüche sieht es noch dürftiger aus – denn im Deutschen gibt es so gut wie keine abstrakten Wörter, die einen Geruch direkt bezeichnen, wie es zum Beispiel „süß“ oder „bitter“ für Geschmäcker tun. Im Deutschen und auch im Englischen verwenden wir daher häufig Vergleiche – es riecht also “nach Essen”, “wie Kaffee”, “faulig” oder “blumig”.

In anderen Kulturen ist das anders

Malaysische Nomadenvölker sprechen die Sprache Jahai, in der das Geruchsvokabular schon größer ist als im Deutschen. „pl-äng“ bezeichnet den Geruch, der an Tierblut erinnert, „cŋes“ ist das Wort für die Geruchskomponente, die charakteristisch ist für Benzin, Fledermauskot und Mangobaumholz.

In der Sprache des thailändischen Volks der Maniq hat man bisher mindestens 15 Begriffe für verschiedene Gerüche festgestellt. Das mag im Vergleich zu den 10.000 Gerüchen, die wir unterscheiden können, nicht besonders viel erscheinen – im Vergleich zu unserem sehr begrenzten deutschen Geruchsvokabular allerdings schon eher. Es gibt abstrakte Wörter für Greifbares wie die Haut eines toten Tieres und gegenstandslose Dinge wie den Geruch der Sonne. Sprachforschenden zufolge liegt den Geruchswörtern der Maniq sogar eine deutliche Struktur zugrunde, Gerüche werden nach zwei Kategorien unterschieden: Wohlgeruch und Gefährlichkeit. Es wird vermutet, dass die enge Verbindung zwischen Gerüchen und Gefühlen auch für die Vielfalt der Ausdrücke eine Rolle spielt.

Interessanterweise handelt es sich bei beiden Völkern um nomadische Jäger- und Sammler-Völker, die im tropischen Regenwald leben. Konkrete Gerüche spielen in ihrem Leben eine zentrale Rolle – daher ist es nicht überraschend, dass einzelne Gerüche auch einzelne Bezeichnungen haben.

Warum die Menschen in westlichen Kulturen im Vergleich zu Menschen im Regenwald ein so begrenztes Geruchsvokabular haben, bleibt weiterhin zu erforschen. 10.000 Wörter für jeden einzelnen Geruch werden wir wohl in naher Zukunft nicht in unser alltägliches Vokabular aufnehmen.

Quellen: [1] [2] [3]