Die Sommerferien sind vorbei und ich verspüre keinen Hauch von Erholung. Woran das liegt? An meinem miserablen Zeitmanagement und meinem fehlenden Talent dafür, die richtigen Prioritäten zu setzen.

Das Hauptproblem war: Ich habe viel zu viel Zeit darauf verwendet, mich mit meiner schriftlichen Modulprüfung zu beschäftigen, weil ich mir ein viel zu großes Zeitfenster dafür eingeräumt und keine Grenzen dafür definiert hatte. Aufgrund des großen zeitlichen Spielraums habe ich mich total in die Sache verrannt, als wäre es eine Masterarbeit und habe viel zu viel produziert, was ich am Ende alles auf ein Minimum herunterbrechen musste. Mal wieder ein Anfängerfehler. Ich sollte mehr nach dem Pareto-Prinzip arbeiten…

Das Pareto-Prinzip

1096 fand der italienische Ingenieur und Soziologe Vilfredo Federico Pareto heraus, dass 80% des Bodenbesitzes in Italien auf nur etwa 20% der Bevölkerung verteilt war. Er übertrug diese Erkenntnis auf das Bankenwesen und kam zu dem Schluss, dass sich Banken auf die 20% der Bevölkerung konzentrieren sollten, um so ihre Profite zu steigern. Die generalisierte Ableitung daraus lautete in etwa, dass 80 Prozent eines Effekts über 20 Prozent der Ursachen erzeugt werden können.

Heutzutage wird dieses Prinzip unter dem Aspekt des Zeitmanagements diskutiert. Auf alltägliche Arbeiten angewendet, lässt sich das Pareto-Prinzip auf folgende Kernaussagen reduzieren:

“80% der Aufgaben lassen sich mit 20% des Aufwands erledigen.“[1]

“In 20 Prozent deiner Zeit erledigst du 80 Prozent deiner Aufgaben.“[2]

Achtung! Fehlvorstellungen vermeiden

Die Pareto-Regel kann nicht als mathematische Formel, sondern als grobe Daumenregel verstanden werden. “Richtig angewendet, sagt die 80-20-Regel bzw. das Pareto-Prinzip, dass sich viel Zeit sparen lässt, indem man sich auf das Wichtige und Notwendige konzentriert, sofern es nicht um die Lieferung von „perfekten“, also 100%igen Lösungen geht.”[1]

Außerdem sollte man nicht den Fehler machen und die beiden Zahlen miteinander verrechnen, denn sie existieren unabhängig voneinander. Manche Aufgaben erfordern sicher nicht nur 20%, sondern 50% Einsatz, um 80% oder mehr an Ertrag zu generieren. Und manchmal reichen vielleicht auch schon 10% Einsatz, um 98% zu erzielen.

Zu guter Letzt sollte das Pareto-Prinzip nicht als Rechtfertigung für mangelnde Leistungsbereitschaft herhalten, auch wenn es verlockend ist. Um aus 20% Einsatz wirklich 80% Ertrag herauszuholen, müssen diese 20% gut organisiert und voll konzentriert ausgenutzt werden.

Ansonsten gibt es eigentlich Grund zur Freude. Ich bin endlich im letzten Drittel meiner Ausbildung angekommen, ein neues Schuljahr mit neuen Chancen beginnt und ich habe wertvolle Lehren aus meinen verkorksten Sommerferien ziehen können. Was in den letzten zwei Monaten los war, erzähle ich in diesem Bericht.

Nähere Informationen zum Aufbau des Referendariats an Berliner Grundschulen befinden sich in der Übersicht.

Die ersten Wochen im neuen Schuljahr

Eine Woche bevor die Schultore wieder für Kinder geöffnet werden, versammeln sich bereits alle pädagogischen Fachkräfte in der Schule, um sich auf das neue Schuljahr vorzubereiten. An meiner Schule sind dafür immer vier Präsenztage angedacht.

Am ersten Tag wurden wir von einem Barista mit Kaffeewagen auf dem Schulhof und von vier Darstellenden eines engagierten Improtheaters empfangen. Schulstart mit gutem Kaffee und einem herzlichen Lachen – die Schulleitung weiß, wie man eine Wohlfühlatmosphäre gestaltet. Nach der netten Begrüßung hatten wir Gelegenheit, mit einer schulexternen Leitung in unseren vier “Häuserteams” zu arbeiten. In den Teams haben wir teilweise spielerisch Leitlinien für unser pädagogisches Handeln diskutiert, aktualisiert und formuliert. Die Leute vom Improtheater begleiteten uns dabei, saßen als “unsichtbare Gäste” am Rand, beobachteten alles sehr aufmerksam und schrieben ab und zu etwas auf kleine weiße Zettel. Was das bedeuten sollte, wurde uns bei der Verabschiedung bewusst: Natürlich, ein Improtheaterstück mit Gesprächsfetzen aus unseren Teamsitzungen. Ich stehe dieser Form des Theaters zugegeben etwas skeptisch gegenüber, aber ich habe viele ehrliche Tränen gelacht bei dieser Vorführung!

Die weiteren Tage fokussierten die produktive Arbeit in den Teams. Fragen wie “Was steht in der ersten Schulwoche (Projektwoche) im Fokus?”, “Wie genau gestalten wir die Einschulung?” oder “Welche Projektthemen wollen wir dieses Jahr umsetzen?” wurden in großen und kleineren Teams beantwortet. Oder zumindest kam man scheinbar den Antworten ein paar Schritte näher. Ich blicke immer noch nicht ganz durch und mir scheinen viele Dinge nur unvollständig besprochen und festgelegt, aber ich merke, dass das zum Teil an meiner begrenzten Zeit an der Schule liegt. Ich habe nur einen winzigen Einblick in die Strukturen und bin dadurch etwas “isoliert” vom Schulleben neben dem Unterricht. Das wird sich bald ändern.

Am Montag darauf begann die Schule auch wieder für die Kinder der 2. bis 6. Jahrgangsstufe – und zwar mit einer Projektwoche, wie es an meiner Schule üblich ist.

Die neuen Erstis wurden ein paar Tage danach eingeschult, an einem Samstag. Für mich war es ein besonderer Schulstart, da ich dieses Mal an den Planungen zur Einschulung beteiligt war, die Vorbereitung auf die Einschulung durch die Zweitis und Drittis aktiv begleitet habe und die Einschulung persönlich miterleben durfte. Die höheren Jahrgänge haben die Projektwoche zum großen Teil für künstlerische Erarbeitungen und Methodentraining zur Freiarbeit genutzt.

Einschulung mit Schultüte

Klassenfahrt – juhu?

In der zweiten Schulwoche ging es für mich auf Klassenfahrt – das erste Mal nicht als Kind, sondern als Erwachsene, die Verantwortung tragen und als Vorbild agieren soll. Es war eine gruselige Vorstellung für mich, ehrlich gesagt. Die Aussicht darauf, fünf ganze Tage Wörter wie “Pause” oder “Feierabend” vergessen zu müssen, permanent von einer Horde Kinder umgeben zu sein und darüber hinaus noch für ihr Wohl mitverantwortlich zu sein – und zwar 24/7 – sorgte nicht gerade für einen Motivationsschub meinerseits.

Die Vorfreude hielt sich in Grenzen, aber ich wusste, dass das eine sehr wichtige und für die Beziehung zu den Kids nicht zu unterschätzende Erfahrung ist. Also: Rucksack gepackt, Schlafsack und Taschenmesser dabei und ab in den Wald Richtung Zeltlager. Ab jetzt würden wir eine Woche draußen verbringen und nur zum Essen und Schlafen ein Dach über dem Kopf haben.

Das Gelände des Zentrums für Natur- und Umweltbildung liegt mitten im Wald, beherbergt mehrere Häuser, einen Spielplatz und ein etwas weiter abgelegenes Tipidorf, wo wir untergebracht waren. Dort angekommen, teilten sich die Kinder schnell auf die Tipis auf: zwei Jungs- und zwei Mädchentipis und ein kleineres Tipi für die Klassenlehrerin und mich. Weil die Tipis nicht ganz regenfest schienen (man konnte durch die Zeltspitze in den Himmel schauen), haben wir unsere Sachen vorsorglich an die Zeltränder gelegt.

Machen wir uns nichts vor, neben meinen Sorgen wegen der permanenten Verfügbarkeit als Verantwortungsperson gab es einige weitere Dinge, die die Klassenfahrt für mich zu einer Tortur hätten machen können:

  • Der Wetterbericht kündigte für jeden Tag Regen an.
  • Das Leitungswasser war orange und schmeckte nach Eisen. Wir wurden auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit hingewiesen, aber das machte das Trinkerlebnis auch nicht angenehmer.
  • Mein zu früh einsetzender Zyklus bereitete mir Schmerzen und traf mich völlig unvorbereitet.
  • Die erste Nacht war schweinekalt und selbst mein dicker Schlafsack hielt mich nicht vom Bibbern ab.

Diese Klassenfahrt schien aus energieraubenden Monstern zu bestehen, die meine gute Laune mit einem Haps verschlucken mussten – und damit meine ich nicht die Kinder. Aber das passierte nicht. Mir ging es gut, sehr sogar. Trotz der unangenehmen Zusätze war meine Laune ausgeglichen und vor allem von Ruhe geprägt. Ich war entspannt as fuck. Zum einen lag das sicher an dem Umgebungswechsel, an frischer Luft und Natur. Zum anderen hatte meine Lerngruppe einen großen Anteil an meiner guten Laune. Die Kids machten es mir alle sehr leicht, den Tag zu genießen. Es sind so viele lustige, vielschichtige und schlaue Köpfe unter ihnen, dass es sich zum Großteil nicht wie Arbeit anfühlt.

Auch die Wahrheit: Auf dieser Klassenfahrt habe ich unerwartet viele Stunden mit Trösten von Heimweh verbracht und Elterntelefonate geführt, während weinende Kinder neben mir saßen und abgeholt werden wollten. Auch das gehört dazu. Und es ließ mich in meiner Rolle als Lehrkraft innerlich sehr wachsen.

Weinende Kinder trösten

Wildnis Scouts haben die Tage didaktisch aufbereitet und mit sinnvollen, kreativen, forschend-entdeckenden Aktivitäten ausgestaltet. Mit dabei waren:

  1. Räucherritual durchführen
  2. Lagerfeuer machen
  3. Stockbrot machen
  4. Achtsamkeitsspaziergang
  5. Gipsabdrücke von Tierspuren machen
  6. Orientierungsspiel “Blind geradeaus laufen“

Diese spannenden Aktivitäten im Wald können als Inspirationsquelle für eigene Waldausflüge mit der Klasse genutzt werden. Sechs dieser Übungen werden im verlinkten Artikel genauer beschrieben.

Die letzten drei Unterrichtsbesuche

Bis zur Prüfung im Dezember dauert es nicht mehr lange und bevor der Prüfungszeitraum im November beginnt, sollte in jedem Fach der letzte Unterrichtsbesuch (UB) absolviert werden. Ich musste also noch drei UBs hinter mich bringen und entschied mich dafür, alle vor den Herbstferien abzuschließen.

Im Sachunterricht zeigte ich in meiner kleinen Lerngruppe (1-3) eine Stunde aus meinem konzipierten Projekt “Starke Kinder” zur Förderung des Selbstkonzepts. Lernziel der Stunde war es, dass die Lernenden eine differenziertere Selbstwahrnehmung entwickeln, indem sie neben persönlichen Stärken auch Schwächen innerhalb eines bestimmten Lernbereichs erkennen und formulieren können. Der UB lief ganz gut, obwohl das Stundenthema sehr komplex für Kinder dieser Altersspanne war und wirklich großes Potential bot, in die Hose zu gehen.

Im Matheunterricht bei meiner größeren Lerngruppe (4-6) stellte ich eine Stunde zum Thema Gewichte vor, in welcher die Lernenden an verschiedenen Stationen unterschiedliche Gegenstände aus dem Alltag auf ihr Gewicht schätzen, messen, vergleichen und ordnen konnten. Ziel der Stunde war es, dass die Schülerinnen und Schüler angemessene Stützpunktvorstellungen mithilfe von Repräsentanten aus dem Alltag entwickeln. Oder einfacher: Die Lernenden sollten für bestimmte Mengenangaben (z.B. 100 Gramm) passende Vergleichsgrößen (z.B. eine Tafel Schokolade) finden, um genauere Größenvorstellungen zu entwickeln. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden auf einem Merkplakat festgehalten. Die Stunde war methodisch relativ aufwendig angelegt, was wie im obigen UB für viele Stolpersteine sorgen kann. Dafür ist es wieder einmal glimpflich gelaufen, was ich sicher zum Großteil meinen Kids zu verdanken habe.

Im Deutschunterricht zeigte ich eine Stunde aus meiner Zuhör-Einheit, welche ich nur für die Teilungsgruppe der Erstis entworfen habe. Der Fokus der Stunde lag auf dem verstehenden Zuhören, indem die Lernenden Informationen aus einem vorgelesenen Text in eigene Handlungen umsetzen mussten. Ich wollte, dass jedes Kind eine Rolle erhält, die im Text mehrmals erwähnt wird und dessen Handlungen das Kind dementsprechend nachahmen muss. Ich habe das ganze “Lauschpantomime” getauft und weil ich online kurzerhand kein passendes Material zu meinem Vorhaben gefunden hatte, habe ich selbst Tier-Rollenkarten erstellt und zwei Geschichten getippt, die in einem fiktiven Berliner Zoo spielen. Die Geschichten sind wahrlich keine Meisterwerke, aber sie erfüllen ihren Zweck: Die Kinder hören gespannt zu, erkennen am Gehörten, wann sie an der Reihe sind und führen die Handlungen, die in der Geschichte vorkommen, gemäß ihrer Tierrolle aus. Und sie haben Spaß dabei – das ist das Wichtigste.

Mit einem Klick kann die Geschichte inklusive der Rollenkarten als Pdf heruntergeladen und für den eigenen Gebrauch eingesetzt werden. Den Kids hat es sehr viel Spaß gemacht, sodass es sich lohnen würde, noch mehr Geschichten dieser Art zu schreiben. Da sich die Kinder in die Figuren der Geschichte einfühlen und ihre Geräusche sowie typische Bewegungen nachahmen sollen, bot diese Methode mal wieder viel Eskalationspotential. Ich bin deshalb etwas erstaunt, wie gut sich die meisten Erstis im Griff hatten. Der größte Knackpunkt an dieser Stunde war tatsächlich mein Zeitmanagement. Nicht, weil ich überzogen habe, sondern weil ich den Unterricht fünf Minuten zu früh beendet habe – das ist ein No-Go. Für solche Fälle sollte man sich Alternativen parat halten (… Moment mal, hatte ich das nicht schon “gelernt” aus meiner Horrorstunde?). Ein kleines Spiel, das zum Stundenthema passt, wäre ideal gewesen (z.B. Stille Post).

Alle drei UBs liefen insgesamt gut und meine Fachseminarleitungen und meine Schulleitung gaben mir in den anschließenden Reflexionsgesprächen wie immer hilfreiche Tipps für meine weitere Entwicklung als Lehrkraft. Das ist etwas, was ich sehr vermissen werde, so schräg es klingt. Die Analysegespräche sind größtenteils sehr hilfreich, weil sie praktisch angelegt sind. Es geht eben nicht nur darum, die Schwächen der Unterrichtsstunde auszuloten, sondern auch darum, auf dieser Basis alternative Handlungsweisen zu erarbeiten. Diese Gespräche sind eine gratis Beratung für besseren Unterricht und für eine stärkere Persönlichkeit als Lehrkraft. Das ist Gold wert!

 

Erkenntnisse auf dem Weg zur Professionalität

  • Nutze die letzte(n) Ferienwoche(n) NUR für dich und halte dich in dieser Zeit gänzlich von der Arbeit fern. Denn ansonsten schlürfst du völlig gerädert ins neue Schuljahr und brauchst nach den ersten Tagen schon wieder Ferien. Ich glaube, das ist eine Erkenntnis, für die ich noch sehr lange dankbar sein werde.

Medium des Monats

Das Ja-Nein-Quiz ist eine Methode, die sowohl zur Wissenssicherung als auch zum Einholen und Sichtbarmachen von Meinungen genutzt werden kann. Sie ist nicht aufwendig in der Vorbereitung und wird von den Lernenden immer gerne angenommen. Und so funktioniert’s:

Ja oder Nein

Die Lehrkraft liest Aussagen zum aktuell behandelten Lernstoff vor, die sich entweder mit “ja” oder mit “nein” bzw. “richtig” oder “falsch” beantworten lassen. Aufgabe der Lernenden ist es, genau zuzuhören und ihre Antwort auf eine bestimmte Art und Weise auszudrücken. Da gibt es mehrere Varianten.

Bisher habe ich an die eine Seite des Klassenraums ein grünes Schild mit “JA” gehängt und auf die gegenüberliegende Seite ein rotes Schild mit “NEIN”. Die Lernenden sollten sich nach jeder Aussage zu einer Seite des Raums zuordnen. Diese Form der Umsetzung ist dankbar, weil sich die Kids immer über ein bisschen Bewegung freuen. Diese Form eignet sich besonders, um ein Meinungsbild von den Lernenden einzuholen. Hier können dann Fragen zu individuellen Ansichten oder Einschätzungen gestellt werden, bei welchen es keine “richtigen” oder “falschen” Antworten gibt.

Neuerdings verwende ich gerne rote und grüne Karten, die jedes Kind in seiner Federtasche oder seinem Hefter hat. Nachdem ich eine Aussage vorgelesen habe, antworten die Kinder, indem sie eine der beiden Farbkarten in die Höhe strecken. Ich bin ziemlich begeistert von der Wirkung dieser simplen Farbkarten. Es entsteht sofort eine Quizshow-Atmosphäre und die Kids sind hochmotiviert bei der Sache, so als hätten sie vor sich einen blinkenden Buzzer (übrigens auch eine lohnenswerte Anschaffung!) und stünden vor der 1 Million-Euro-Frage. Simpel, aber effektiv.

Vorstellbar ist auch, dass die Lernenden mit einer vereinbarten Bewegung antworten oder bestimmte Geräusche zu ihrer Antwort machen.

Wichtig ist, besonders bei jüngeren Kindern, vorher abzusprechen, wie man sich verhält, wenn jemand eine falsche Antwort gibt. Rufe, Bloßstellungen oder gar beleidigende Worte sollen natürlich verhindert werden. Dafür kann es sinnvoll sein, mit den Kids ganz allgemein über Fehler und ihre lernförderlichen Eigenschaften zu sprechen. Positive Fehlerkultur lautet das Stichwort.

Ratschläge und Leitsätze für alle Lehrkraft-Neulinge

In den letzten drei Episoden 10 und 11 teile ich Tipps zu Themen des Classroom-Managements. Thema heute: Aufräumen und Klassenraum sauber halten.

Tipps zum Aufräumen im Klassenraum

  • 10-Schnipsel-Regel: Nachdem gebastelt und geschnitten wurde, sieht der Boden oft aus wie ein Schlachtfeld. In manchen Räumen lassen sich die Schnipsel restlos mit einem Besen zusammenkehren, in anderen Räumen kommt der Besen nicht überall hin und in wieder anderen Räumen ist Teppichboden verlegt. Hier kommt die 10-Schnipsel-Regel zum Einsatz: Jedes Kind sammelt mindestens 10 Schnipsel vom Boden auf, zeigt sie der Lehrkraft und wirft sie in den Papiermüll. Bei größeren Bastelorgien kann die Schnipselanzahl einfach erhöht werden, damit es auch wirklich sauber wird. Das funktioniert erstaunlich gut und weckt sogar in mir die Motivation, möglichst schnell die gesuchte Anzahl an Schnipseln zu sammeln – klingt lächerlich, ist aber tatsächlich so wirksam.
  • Minuten-Wettbewerb: In den letzten Minuten des Tages wird der Klassenraum für gewöhnlich von den Kindern aufgeräumt. Die Lernenden räumen ihren Platz auf, packen ihre Materialien zurück ins Regal, in den Stehordner oder in ihren Rucksack, stellen die Stühle hoch, fegen den Boden etc.. Das Prozedere kann ganz schnell ungeahnte Ausmaße annehmen, da die Lernenden kaum Motivation erhalten, sich zu beeilen und stattdessen lieber Quatsch machen. Um weniger Unterrichtszeit mit Aufräumen zu verschwenden, kann die Lehrkraft den Minuten-Wettbewerb ins Leben rufen. Dafür kündigt sie die Aufräumphase für alle hörbar an und lässt die Stoppuhr laufen. Ziel der Kinder ist es, so schnell und so sorgfältig wie möglich aufzuräumen und ihre Zeit bei jedem Mal neu zu überbieten. Meine kleinere Lerngruppe hat es dadurch von etwa 7 Minuten auf 2 Minuten für den gesamten Aufräumprozess geschafft und war immer höchst motiviert und konzentriert mit Aufräumen beschäftigt. Natürlich können sich die Kids nicht immer überbieten, weil gerade das Freiarbeitsmaterial oft viel Zeit braucht, um wieder ordentlich eingeräumt und verstaut zu werden. Dennoch bleibt der Reiz des Wettbewerbs über längere Zeit bestehen und irgendwann braucht man den Timer vielleicht gar nicht mehr. Geholfen haben zudem eine Checkliste an der Tafel (Was muss alles gemacht werden, bevor die Klasse den Raum verlassen darf?) sowie ein strenges Auge der Lehrkraft, wenn manche Dinge von der Checkliste zwar schnell, aber nicht ordentlich erledigt wurden (diese Dinge mussten dann nachgebessert werden, bevor alle den Raum verlassen durften).
  • Dienste verteilen: Das ist wohl die gängigste Methode, den Klassenraum in einer Grundschule sauber zu halten. Im regelmäßigen Wechsel erhält ein kleiner Teil der Lerngruppe Verantwortungen für eine bestimmte Tätigkeit zur Sauberhaltung des Klassenraums. Im Sinne der Förderung der Selbstverantwortung halte ich es für notwendig, wenn zuvor jedes einzelne Kind seinen eigenen Arbeitsplatz säubert, seine benutzten Materialien ordentlich verstaut und seinen Stuhl hochstellt. Den Rest, also fegen, Tafel wischen, Fenster schließen, Bücherregal sortieren etc., wird von den Kindern mit Aufräumdienst erledigt.

Was zu sagen bleibt…

Das war ein schöner Start ins neue Schuljahr! Im nächsten Bericht erzähle ich von den Prüfungsvorbereitungen und allem, was damit zusammenhängt (und woran man vielleicht nicht denkt). Bis dahin schließe ich mit den Worten des großen Tagebuchschreibers Bert:

“Alles ok, Kartoffelpüree!” [3]

 


[1] t2informatik: Was ist die 80-20-Regel?

[2] Das Pareto Prinzip oder die “80/20 Regel”

[3] Jacobsson u. Olsson (1996): Berts gesammelte Katastrophen. Oetinger Verlag.

Autorin: Carla

Für etwa drei Jahre schrieb ich Artikel für das phase6 Magazin und das Lehrkräfte Magazin. Mit besonderer Vorliebe widmete ich mich dabei spannenden Themen der pädagogischen Psychologie in Theorie und Praxis. Während meines Referendariats an einer Berliner Grundschule schrieb ich Erfahrungsberichte und gab einen Einblick in meinen Schul- und Ausbildungsalltag. Mittlerweile befinde ich mich in der turbulenten Berufseinstiegsphase und darf eine jahrgangsgemischte Lerngruppe an einer montessori-orientierten Grundschule in Berlin unterrichten.