Als Lehrkraft gehört es zu Ihrem Job, täglich unzählige Fragen von Lernenden zu beantworten. Das Antworten und Erläutern gehört sozusagen zu Ihren Kernkompetenzen. Genau diese wollen wir nutzen – nur stellen hier nicht die Schülerinnen und Schüler die Fragen, sondern Erwachsene.

Sie selbst wissen, wie wichtig der regelmäßige Austausch im Kollegium für Ihre persönliche Entwicklung ist. Mit der Serie “Nachgefragt!” möchte phase6 Lehramtsstudierenden, Personen im Referendariat und ausgebildeten Lehrkräften eine Plattform bieten, in der ein Austausch über essentielle Fragen zum Lehrberuf stattfinden kann. 

Wir fragen – Lehrkräfte antworten. Dieses Mal zur Frage:

„Was macht Ihrer Meinung nach eine gute Lehrkraft aus?“

 

Kim unterrichtet die Fächer Deutsch und Arbeitslehre an einer integrierten Gesamtschule in Hessen.

Eine gute Lehrkraft hat beide Staatsexamen mit 1,0 bestanden, war während des Referendariats „total gechillt“, ist morgens um 7:00 Uhr am Arbeitsplatz, hat ihren Unterricht zwei Wochen im Voraus konzipiert, die Materialien kopiert, die Arbeitstermine für das Halbjahr eingetragen und verlässt das Schulgelände nicht freiwillig vor 17 Uhr. Eine gute Lehrkraft lässt stets Strenge walten, duldet keine Vertraulichkeiten, nimmt keine Probleme mit nach Hause, ist stets korrekt gekleidet und zeigt den Kindern täglich, wer am längeren Hebel sitzt. Eine gute Lehrkraft bringt sich in den endlosen Konferenzen stets aktiv ein, unterbreitet Verbesserungsvorschläge, der Terminkalender für den Elternsprechtag ist bereits am Schuljahresanfang ausgebucht und sie strebt eine Funktionsstelle an.

Quatsch! Eine solche Lehrkraft hätte bei unserem Schülerklientel keine Überlebenschance! 

Mit „1“ aus dem Referendariat zu gehen, ist noch lange kein Beleg dafür, eine gute Lehrkraft zu sein! Ob man für diesen Beruf geschaffen ist oder nicht, das zeigt sich erst nach Jahren der Praxis. 

Eine Lehrkraft ist dann gut, wenn sie auch unvorbereitet guten Unterricht halten kann und in der Lage ist, vom Vorhaben abzuschweifen, weil es die Situation gerade verlangt. Heißt: Es ist sinnlos, z.B. ein Gedicht interpretieren zu lassen, wenn die Kinder den Inhalt des Gedichts nicht verstehen, weil sie vielleicht manche Worte gar nicht kennen. Dann muss ich in der Lage sein, mein Konzept zu vergessen und blitzschnell umzustrukturieren. 

Humor ist der Schlüssel zum Erfolg! Nur, wenn ich als Lehrkraft in der Lage bin, auch mal herzlich zu lachen und den ein oder anderen Spaß mitzumachen, habe ich eine Chance, einen Fuß auf die Erde zu bekommen.

Einfühlungsvermögen ist so unendlich wichtig, wenn man eine gute Lehrkraft sein möchte. Natürlich unterbreche ich meinen Unterricht, wenn z.B. plötzlich ein Mädchen in Tränen ausbricht und nehme mir die Zeit, vor der Tür mit ihr zu sprechen. 

Elternarbeit, ohne sie geht nichts! Es ist nicht mein Job, die Kinder anderer Leute alleine zu erziehen! Deshalb holt eine gute Lehrkraft die Eltern mit ins Boot, nicht nur dann, wenn es „brennt“, sondern auch dann, wenn es super läuft!

Einmal 5 gerade sein lassen und zugeben, dass man auch gerade „keinen Bock“ hat, macht eine Lehrkraft menschlich und sympathisch. Auf der anderen Seite verlangen die Kinder auch eine gewisse Durchsetzungskraft ihnen gegenüber, diese Balance muss man finden.

Eine gute Lehrkraft engagiert sich für ihre Klasse auch außerhalb der Schulmauern (mal gemeinsam Essen gehen) oder besucht außerschulische Lernorte, da geht oft viel mehr! Lernstoff so verpacken, dass er nicht langweilig wird (und sei er noch so trocken) ist kein Hexenwerk, wenn die Lehrkraft ihre Gruppe ein wenig kennt. Theorie und Praxis sollten sich genauso abwechseln wie Einzel- oder Gruppenarbeit.

Grenzen setzen! Eine gute Lehrkraft weiß, wann Schluss ist und signalisiert dies auch deutlich (nicht nur gegenüber den Kindern, sondern auch mal gegenüber der Schulleitung).

Kurz: Eine gute Lehrkraft hat das Herz am rechten Fleck, besitzt fundiertes Fachwissen, hat pädagogisch ein „gutes Händchen“ und keine Angst vor der Arbeit. 

Franziska unterrichtet seit August 2019 an einem Berliner Gymnasium Englisch und Deutsch.

Eine beliebte und dauerhaft interessante Frage: Wie wird man eine gute Lehrkraft und was sollte man dafür mitbringen? In vielen Köpfen geistert häufig die Fachkompetenz bzw. das Fachwissen herum; jedoch sollte man an dieser Stelle zunächst besser zwischen ‚äußeren‘ und ‚inneren‘ Merkmalen differenzieren. Während sich die ‚äußeren‘ Merkmale insbesondere auf das Auftreten beziehen, meinen ‚innere‘ Merkmale charakterliche Eigenschaften und Neigungen. Demnach sollte eine gute Lehrkraft nicht nur prinzipiell interessiert an der Zusammenarbeit mit und der Förderung von Kindern und Jugendlichen und überdies empathisch und verständnisvoll sein, sondern dies auch in Form einer ruhigen und freundlichen, insbesondere aber authentischen Art den Schülerinnen und Schülern sowie den Kolleginnen und Kollegen gegenüber vermitteln können. 

Weiterhin sollte eine gute Lehrkraft – meiner Meinung nach – des Lernens und Innovierens nicht überdrüssig werden, was zudem eine hohe Belastbarkeit und kontinuierliche (Selbst-)Reflexion sowie Kritikfähigkeit fordert. Da sich Lehrkräfte vor allem durch ihr Handeln auszeichnen und profilieren, ist es außerdem von Vorteil, wenn sie strukturiert und transparent, also fair und organisiert, arbeiten und dies den Schülerinnen und Schülern auch klar kommunizieren.

Nichtsdestotrotz bleiben all diese Merkmale Idealvorstellungen – so kann eine Lehrkraft auch ‚gut‘ sein, wenn sie nur einige dieser Merkmale mitbringt oder manche davon besonders stark ausgeprägt sind. Letztendlich alles eine Definitionsfrage. 

Lydia unterrichtet Englisch und Französisch an einer Berliner Grundschule.

Ich denke, es ist selbstverständlich, dass Lehrkräfte gern mit Menschen, vor allem mit Kindern und Jugendlichen, zusammenarbeiten müssen, um eine gute Lehrkraft zu sein. Dabei sind Geduld und Empathie ganz wichtige Eigenschaften sowie die Flexibilität, alle Kinder individuell fördern zu können. Eine gute Lehrkraft ist fair und objektiv. Sie behandelt alle Schülerinnen und Schüler gleich. Diese Aspekte sollten in der Persönlichkeit verankert sein, denn sie sind meiner Meinung nach nur schwer erlernbar.

Kommunikation ist ebenfalls wichtig, denn eine gute Lehrkraft kämpft nicht für sich allein, sondern arbeitet mit dem Kollegium zusammen und tauscht sich über Kinder und Fachinhalte aus. Kommunikation ist aber auch in der Zusammenarbeit mit den Eltern von hoher Bedeutung. Mit jedem Elterngespräch gewinnt man mehr Sicherheit. Also keine Angst, die Kommunikationskompetenz wird mit der Erfahrung immer besser.

Neben den sozialen Kompetenzen sind natürlich auch fachliche Kompetenzen ausschlaggebend, denn eine gute Lehrkraft ist versiert in ihren Fachgebieten und kann auch komplexe Lerngegenstände kindgerecht erklären. Eine gute Lehrkraft bedarf deshalb auch Kreativität und Humor und gestaltet ihren Unterricht abwechslungsreich und schülerorientiert. Gleichzeitig ist eine gute Lehrkraft offen für neue Themen und Methoden und bildet sich auf Fortbildungen weiter.

Damit einher geht die Medienkompetenz, welche heutzutage Voraussetzung für moderne Klassenzimmer mit Smartboards ist. Auch hierfür muss eine gute Lehrkraft mit dem technischen Fortschritt mithalten können und sich weiterbilden.

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Und was ist mit Ihnen?

Wie würden Sie die oben stehenden Fragen für sich beantworten? Die Antworten der Autorinnen und Autoren spiegeln ihre jeweiligen Erfahrungen und Standpunkte wider. Vielleicht haben Sie eine ganz andere Perspektive auf die Dinge oder gar gegenteilige Erfahrungen gemacht. Falls Sie weitere Anmerkungen, konstruktives Feedback oder Fragen zum Beitrag haben, schreiben Sie uns gerne über das Kontaktformular ganz unten auf der Seite.

Lesen Sie auch die Antworten zu anderen Fragen der Serie:

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Kim

Kim arbeitet seit fast 20 Jahren als Lehrerin an einer integrierten Gesamtschule in Hessen. Sie startete erst mit 37 Jahren ins Referendariat, unterrichtet seitdem Deutsch und Arbeitslehre in der 7. bis 10. Jahrgangsstufe und übernimmt die Klassenleitung. Die Arbeit mit Intensivklassen macht ihr seit ein paar Jahren besonders viel Spaß, denn die Lernerfolge werden mit den geflüchteten Kindern und Jugendlichen schnell deutlich. Da Kim selbst drei Kinder hat, weiß sie gut, wie diese im pubertären Alter ticken. Neben gutem Unterricht sind ihr intensive Elternarbeit sowie eine fundierte Vorbereitung ihrer Schülerinnen und Schüler auf das Leben besonders wichtig. Kims Steckenpferd ist die Nutzung außerschulischer Lernorte und die regelmäßige Teilnahme an Schulwettbewerben – So konnten schon viele Jugendliteraturpreise und Fotowettbewerbe gewonnen werden.

Franziska

Nach dem Master of Education an der Humboldt-Universität zu Berlin startete Franziska im Schuljahr 2019 in den Vorbereitungsdienst an einem Berliner Gymnasium. Die Liebe zu ihren Fächern Deutsch und Englisch verstärkte sich insbesondere durch diverse Auslandsaufenthalte (Erasmus in England, Schulpraktika an der Deutschen Schule in Rio de Janeiro und der Deutschen Schule in Porto) und Praktika im Goethe-Institut und einer privaten Sprachschule. Dank dieser verschiedenartigen Kulturkreise und Schul- und Unterrichtsformen sowie ihres studentischen Nebenjobs bei “Studenten machen Schule” und “Schule Plus” konnte Franziska bereits viele Unterrichtserfahrungen sammeln. All diese Erfahrungen steigern ihre Vorfreude auf das Referendariat und den Lehrberuf.

Lydia

Lydia hat die Fächer Englisch und Französisch in Potsdam auf Lehramt (Grundschule und Sekundarstufe I) studiert und zwei Semester in Frankreich im Rahmen des Erasmusprogramms verbracht. Neben dem Studium absolvierte sie viele Praktika und Nebenjobs im schulischen und außerschulischen Bereich. Durch das Leiten von Lern- und Sprachförderungen an Berliner Grundschulen, durch Methodenworkshops und den Einsatz als Sprachlernassistenz in einer Willkommensklasse sowie im Praxissemester an der Deutschen Schule in Genf konnte sie erste Praxiserfahrungen sammeln. Das Referendariat, welches Lydia an einer ISS mit gymnasialer Oberstufe absolvierte, prägte sie sehr. Die Höhen und Tiefen im Vorbereitungsdienst stärkten die junge Lehrerin in ihrer Lehrpersönlichkeit und sorgen nun für Vorfreude auf den Schulalltag als ausgebildete Lehrkraft in Berlin seit dem Schuljahr 2019.

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